Montag, 23. November 2009

Regina Reisebogen oder wie ich auszog,um eine Reise zu begehen

Mitte November wurde die "didaktische Aktivität" in den Politikwissenschaften hier in Trieste unterbrochen, um Examen abzuhalten. Wer da welche Examen abhielt und wer die ablegen musste, war mir eigentlich relativ egal, ich jedenfalls nicht. Und was macht man, wenn man eine Woche keine Uni, sondern frei hat? Richtig, man schwänzt den Italienischkurs und unternimmt eine Reise.

Meine Reiseroute lautete daher: Trieste-Venedig-Verona-Brenner-Innsbruck (längerer Aufenthalt)-München-Freising (Aufenthalt, unplanmäßig verlängert)-Kleinaitingen (längerer Aufenthalt mit Ausflügen nach Augsburg und zum Volleyballspieltag in Friedberg)-Landsberg-München (für Kurzaufenthalte)-Venedig-Trieste. Es kann also losgehen, meine Damen und Herren bitte anschnallen, Rettungswesten befinden sich unter dem Sitz.

Weil ich das mit dieser Unterbrechung der didaktischen Aktivität schon relativ früh mitbekam, seit Neuestem eine studierende Freundin in Innsbruck habe, zudem genau ein Volleyballspiel in dieser Woche anstand und ich dann auch noch mit einer großen Portion Glück ein Super-Spar-Ticket für den Nachtzug München-Venedig fand (€ 23!!!), beschloss ich, die studierende Freundin in Innsbruck zu besuchen, dann mit einem kleinen Umweg über Freising (Schwester besuchen) nach Hause nach Kleinaitingen zu reisen, dort ein Volleyballspiel zu absolvieren, um dann schließlich mit meinem Super-Spar-Ticket nach Italien zurückzukehren.

Für den Hinweg nach Innsbruck gab es leider kein so tolles Super-Spar-Ticket bzw. eigentlich bietet auch die italienische Bahn günstige Tickets an, da ich aber schon vorher alles mögliche durchgerechnet hatte und mir das italienische Sparangebot zu teuer war, entschied ich mich statt mit dem Zug von Venedig direkt nach Innsbruck durchzufahren, lieber auf die Regionalzüge von Trenitalia zu setzen, zusätzlich zweimal umzusteigen und dadurch ganze €15 zu sparen. Ja mei,ge, ich bin halt doch a kleiner Schwabe...

Aber gut, das mit dem Umsteigen machte gar nix, das klappte nämlich ausgesprochen gut und Zeit hatte ich ja auch, so dass ich ruhig mal ein wenig durch Italien bummeln und mir die Gegend anschauen konnte...Und ja, ihr ahnt schon richtig, da war doch was mit diesen Alpen...

Während ich die Fahrten von Trieste nach Venedig und von Venedig nach Verona mit Schlafen verbracht hatte, vertrieb ich mir die Zeit auf dem Weg von Verona zum Brenner damit, aus dem Fenster zu schauen und all das, was ich da draußen sah, immer toller zu finden, denn Stück für Stück kamen wir Südtirol näher und drangen schließlich immer weiter in Südtirol ein - was gleichzeitig bedeutete, dass es immer mehr Berge zu sehen gab und diese samt ihren weißen Gipfeln immer näher kamen.

Bozen, Klausen, Brixen, Franzensfeste, Sterzing.... draußen war es grau, es regnete ab und an und es wurde auch schon langsam dunkel -aber mir gefiel die Gegend so gut, dass ich nicht aufhören konnte, nach draußen zu blicken und mich zu freuen. Und warum ich die Alpen gerade jetzt plötzlich so toll finde und warum genau - ich kann es nicht sagen, aber auch dieses Mal war ich wieder von ihnen fasziniert und sie taten ihr übriges, um mich nicht nur restlos von Südtirol, sondern auch von Tirol und insbesondere Innsbruck zu begeistern, wo sie in Höchstform aufliefen und -ringsherum um die ganze Stadt - in der Sonne glänzten.



Innsbruck gefiel mir aber auch so sehr gut - eine kleine, nette Sadt mit einem hübschen, historischen Stadtkern, leckerem Essensangebot (von Topfenstrudel über Schlutzkrapfen bis hin zu Schokoladenkuchen) und - natürlich - einem der tollsten Dialekte überhaupt: Tirolerisch.
Zudem war da ja auch noch meine nette, in Innsbruck studierenden Freundin, die mit mir eine tolle Stadtführung unternahm, mich kulinarisch verwöhnte (Glühwein, Weißwurschtfrühstück) und mit der ich einfach eine super Zeit verbrachte, bevor ich dann nach zwei Tagen weiter Richtung München und Freising fuhr.

Und da war ich dann also, wieder daheim, in Bayern und natürlich freute ich mich, aber trotzdem war da dieses befremdliche, komische Gefühl. Da hatte ich mich gerade in einem anderen Land auf eine fremde Kultur eingelassen, mich dort zurecht gefunden und eingelebt und dann stand ich plötzlich wieder am Münchner Bahnhof, wo ich schon sooft war und auch so gerne bin, alles war so bekannt und vertraut und doch irgendwie ein wenig fremd. Genauso ging es mir auch ein paar Tage später, als ich vor meiner Rückreise für einen Kurzbesuch in "meiner/unsrer" Münchner Wohnung war. Na klar, auch wenn mein Zimmer im Moment untervermietet ist, es ist doch mein zu Hause in München und bis auf ein paar kleine Veränderungen konnte ich die WG auch wiedererkennen, aber es hat sich nicht so angefühlt, wie immer.

Aber gut, ich konnte meine freien Tage in Freising, bei meiner Schwester und schließlich, zu Hause, bei meiner Familie, trotz allem sehr gut genießen. Kartoffelsalat, Schweinebraten und Geschnetzeltes von meiner Mama, Weißwürste und Brezen, Frühstücken mit meiner besten Freundin, einfach Zeit zu Hause verbringen...und das alles bei Sonnenschein und 15-20° - wie sollte ich mich da nicht wohl fühlen.
Noch dazu kam der Volleyballspieltag, bei dem wir beide Spiele gewannen und ich einen riesen Spaß am Spielen hatte -trotz fast halb-jähriger Trainingspause.

So packte ich am Ende meiner Reisewoche schließlich zufrieden mit der Welt meinen Rucksack (mit dabei eine Leberspätzlesuppe, ein Adventskalender und Vollkornbrot), besuchte noch schnell meine Oma und wie schon erwähnt meine Münchner Wohnung inklusive Super-Mitbewohner, bevor ich schon wieder am Münchner Bahnhof stand und dieses Mal nicht nur die Leute beobachtete, die mit dem Nachtzug Richtung Venedig/Rom reisen sollten, sondern selbst den City Nightliner bestieg, um wieder "heim" nach Italien zu fahren - auch in diesem Moment sollte mich ein komisches Gefühl beschleichen, was sich aber spätestens verflüchtigte, als wir einen Zwisschenstopp in Innsbruck einlegten und ich mich schwer beherrschen musst, um nit einfacb aus dem Zug zu hüpfen und da zu bleiben.

Die Reise selbst war etwas anstrengend, da ich dank einiger Mädels, die nachts um halb zwei in meinen Abteil Platz nahmen und meinten, sie müssten noch die neuesten Neuigkeiten bis ins Detail bereden, zu keinerlei Schlaf kam. Zudem hatten sie auch noch kein Ticket gekauft und waren der Meinung, sie müssten mit dem Schaffner über vier Euro, die sie nicht bereit waren, zu zahlen, diskutieren, bis dieser schließlich das Telefon zückte, um die Polizei an der nächsten Haltestelle zu informieren und eines der Mädchen plötzlich doch noch zufällig einen 50-Euro-Schein fand, mit dem sie den Restbetrag zahlen konnte.

Nun gut, auch wenn diese lustige nette Reisegruppe mir den Schalf raubte, so verschaffte mir ihre ungewöhnlich witzige 4-Euro-Einlage doch einen unverhofft langen Blick auf den wohl sexiest Schaffner der italienischen Bahn!!!...so dass ich, als die weibliche Kabarettgruppe den Zug in Verona verließ, um andere Leute mit ihren Aufführungen zu beglücken, zufrieden für zwei Stunden schlafen konnte, um dann nach einem Aufenthalt in Venedig, einem italienischen Frühstück und schließlich nach 13-stündiger Reise wieder in Trieste anzukommen, welches mich mit seinem entzückenden Grau und ein wenig Nieselregen willkommen hieß.



P.S.: Suche netten, charmanten und witzigen Tiroler/Südtiroler zwischen 24 und 28 zum Heiraten. Du solltest am besten Dialekt sprechen, fesche Wadeln haben und nicht unbedingt rothaarig und klein sein (ich entschuldige mich schon jetzt für diese diskriminierende Einschränkung). Falls sich da keiner finden sollte, kann sich auch gern der italienische Schaffner aus dem Nachtzug bei mir melden.

Mittwoch, 11. November 2009

Italien mal Italienisch oder wie man merkt, dass man angekommen ist.

Wie man merkt, dass man angekommen ist? Vielleicht darn, wenn man in über zwei Wochen nicht ein einziges Mal dazu kommt, einen Blog zu schreiben. Vielleicht auch daran, wenn man als Fernseh-süchtige Person den Fernseher tagelang nicht einschaltet. Vielleicht aber auch, wenn man sich über einen Bahnstreik nicht aufregt, sondern ihn einfach hinnimmt, nicht mehr von Pizza, Pasta oder Plastikhandschuhen fasziniert ist, sondern tiefer blickt und versucht, den italienischen Staat zu verstehen oder auch einfach, wenn man plötzlich, ohne es zu merken, italienisch isst.

In letzter Zeit war ich mit Allem und Nichts beschäftigt, was nicht nur zur Folge hatte, dass ich meinen Blog hier sträflich vernachlässigt habe, sondern auch, dass ich wohl hier in Italien angekommen bin. Das macht sich nicht nur durch nicht-vorhandene Blog-Einträge bemerkbar, sondern auch an anderen Dingen. Nein, ich will nicht sagen, dass ich mich jetzt italienisch fühle oder gar italienisch bin, aber es hat sich doch einiges getan, seit ich hier angekommen bin Die Phase, in der man es noch als etwas besonderes empfand, einen caffè in einer bar zu trinken, ist inzwischen vorbei und es hat doch eine gewisse Anpassung und eben Eingewöhnung stattgefunden. Die folgenden Beschreibungen sollen keinerlei Wertung abgeben, sondern ganz einfach schildern, wie ich hier im Moment in Italien lebe - und das durchaus zufrieden:

Mein Handy ist mein Freund. Es liegt inzwischen auch bei mir des Öfteren direkt neben meinen Kugelschreiber und Block, wenn ich in der Uni bin und falls nicht, kontrolliere ich spätestens alle 15 Minuten, ob ich wichtig war oder stelle es auf Vibration ein und trage es in meiner Hosentasche. Dazu kommt, dass sich meine SMS-Versandrate enorm gesteigert hat und ich auch schon mal SMS mit nur zwei Worten Inhalt oder im 5-Minuten-Takt versende. Leisten kann ich mir diesen Spaß dank meiner Super-Zusatz-SMS-Option, mit der ich 100 SMS pro Tag an den gleichen Anbieter versenden kann und das für gerade mal €6 im Monat. Es versteht sich von selbst, dass ich Freunde, die einen anderen Anbieter gewählt haben, von den Vorteilen meines Netzbetreibers überzeuge, um dann noch mehr SMS verschicken zu können. Zu meinem italienischen Handy-Glück fehlt mir also nur noch eine gesteigerte Anrufrate - aber da kommt halt dann doch der sparende Schwabe in mir durch, der lieber umsonst eine SMS versendet, als für ein Telefonat zu zahlen.

Ja, es ist passiert - und ich gestehe, ich war es ganz allein und ich nehme alle Schuld auf mich. Mein Fernseher leidet nur wegen mir unter sträflicher Vernachlässigung. Und ich gebe zu, ich habe es sogar so weit getrieben, dass er fünf ganze Tage am Stück nicht eingeschalten wurde. Aber ich gelobe Besserung und habe ihn als Wiedergutmachung auch schon zur Hintergrundberieselung angeschalten. Bald, schon bald werde ich noch einen weiteren Schritt auf ihn zugehen und bewusst ein Programm anschauen. Ich hoffe, er kann mir verzeihen und sein Trauma überwinden.
Schließlich ist dieses fernsehfreie Verhalten absolut unitalienisch. Da habe ich solange darauf trainiert, wenigstens in einem Punkt schon vor meiner Ankunft absolut italienisch zu sein und den Fernseher immer und immer laufen zu lassen und dann so ein Rückschritt...aber gut, immerhin habe ich die Zeit durch andere absolut italienische Beschäftigungen ausgefüllt - so meist mit aperitivi einnehmen, caffè trinken, gemeinsam essen und chiacchierare, das von den Italienern geliebte miteinander Plaudern.

Sonntag Morgen, ich renne zum Bahnhof in Forlì. Gerade habe ich mich von meiner Freundin verabschiedet, die ich hier in der Emilia-Romagna besucht habe und versuche nun bei starkem Regen möglichst schnell den Bahnhof zu erreichen, um die Heimreise anzutreten. Während ich da also Richtung Bahnhof laufe, hoffe ich auf die angebliche und daher berühmt berüchtigte Unpünktlichkeit der italienishcen Bahn, damit ich es noch schaffe, rechtzeitig am Bahnhof anzukommen und dann auch noch ein Ticket kaufen und in den Zug hüpfen zu können. Und falls diese angebliche Unpünktlichkeit der italienischen Bahn dann doch versagen sollte, hilft mir ja vielleicht der heute stattfindende Streik, der sicherlich ein bisschen Verspätung und auch den ein oder anderen ausgefallenen Zug hervorbirngen wird.
Am Bahnhof angekommen, gibt es meinen Zug nicht (mehr). Also eine Stunde warten,auf den nächsten Zug...der ist zwar mit einem SOPP versehen, aber was macht das schon. Ich stelle mich also am Schalter an und bitte, als ich schließlich dran kommen, die Dame am Schalter um ein Ticket nach Trieste - wohl gemerkt eine 6 Stunden Reise mit zweimaligem Umsteigen. Freundlich erklärt sie mir, dass ich es heute wohl nicht einmal bis in das eine gute 50 Minuten Zugfahrt entfernte Bologna schaffe, denn SOPP bedeutet - fällt aus wegen Streik.

Statt mich aufzuregen und einen inneren wutentbrannten Monolog zu halten, wie dass denn möglich sei, dass hier einfach so gestreikt wird und es doch nicht möglich sein kann, dass ich gar nicht weiter kommen kann, verlängere ich meinen Aufenthalt in Forlì um einen Tag, wodurch ich nicht nur Bologna nich besichtigen kann, sondern auch meinen Italienisch-Kurs am nächsten Tag verpasse, meiner Freundin unverhofft einen weiteren Tag mit mir beschere, obwohl sie am nächsten Tag ein Prüfung hat und gehe zufrieden in die bar, um einen caffè zu trinken und dann zurück zu meiner Freundin, um den Abend damit zu verbringen, mit ihren italienischen Mitbewohnerinnen eine italienische Schlagershow anzuschauen.

9.11.2009 -20 Jahre Mauerfall, was für ein Tag. Und wir Deutschen hier in Italien...doch auch die Italiener messen diesem Tag große Bedeutung bei, so dass wir, eine kleine Gruppe Deutscher uns aufmachen, um Abends dem Vortrag eines deutschen, überaus bekannten, wenn auch kontrovers diskutierten Geschichtsprofessor namens Ernst Nolte zu lauschen. Durch die Bekanntschaft mit unserem italienischen Erasmus-Papa, der Triestiner Legende Professore Pilotto, werden wir Herrn Nolte vor seinem Vortrag auch noch persönlich vorgestellt. Doch vor dem Vortrag werden wir Deutschen auch Augenzeugen der italienischen Politikverhältntisse:

Just bei der Vorstellung von Herrn Nolte, erhebt sich ein Gruppe von links-gerichteten Studenten, die sich in die Zuschauermenge gesetzt hat und ihre Meinung gegenüber Herrn Nolte und der italienischen Rechten mit "Schäm dich, Nolte" und "Nazis raus"- Rufen sowie einer Wasser-Plastikbecher-Attacke auf Herrn Nolte Ausdruck verleiht. Die Rechte wehrt sich durch einen permanent ins Mikro schreienden Was-auch-immer-Vorsitzenden, Gegenrufen und geschlossenem Klatschen für Herrn Nolte. Mitten in diesem Tumult sitzt eine Reihe junger, meist deutscher Studenten, die zunächst vollkommen überrascht ist und dann nicht weiß, was sie von dem Ereignis oder aber auch von Herrn Nolte denken soll.Nach zehn Minuten sind die Linken gegangen und der Vortrag beginnt.

Morgens halb 9 in Italien. Wir betreten die bar, bestellen uns einen caffè macchiato und eine brioche, bevor wir weiter in die Uni ziehen.
12 Uhr Mittags - die Frisur hält - mache ich mich auf den Weg nach Hause, um mir mein pranzo (Mittagessen) zu kochen- was sollte es anderes sein als ein Teller Pasta. Die Zeit vergeht und schons sitze ich Abends um 8 in einer aperitivi bar, trinke meinen spritz aperol und esse die dazu gerreichten Pizza Stückchen. Schließlich um 9.30 Abends, wieder zu Hause angekommen, die Haare trotz super-strong-Haarspray inzwischen leicht durcheinander, bereite ich mir ein kleines cena (Abendessen) vor, Gemüse mit Brot. Und schon ist es passiert. Ich habe ein komplett italienisches Essverhalten an den Tag gelegt, ohne mich dafür anzustrengen.