Sonntag, 11. Oktober 2009

Die Universität oder wie ich an einen italienischen Nerd geriet




L`Università degli Studi di Trieste - so heißt mein Uni hier. Sie ist meiner LMU in München gar nicht so unähnlich(andere Studenten, akademisches Viertel, Dozenten, Nummern ziehen bei der Studentenkanzlei oder dem Erasmusbüro, eine Bibliohtek,eine Mensa und ein Studentenwohnheim,...) und doch gibt es so einige Unterschiede:

Es fängt schon damit an, dass ich hier an einer Art Campus-Uni studiere. Ein Art Campus-Uni, weil die Uni nochmal auf drei verschiedene Plätze in der Stadt verteilt ist: Da ich erst zum Sommersemester an die alte Uni am Südrand des Stadtkerns muss (um dann dort einen Geschichtskurs zu belegen) und ich die Übersetzer- und Dolmetscherschule im Zentrum erst in einer Woche regelmäßig zum Italienischkurs besuchen werde, befinde ich mich bisher immer an der neuen Uni, also auf dem Uni-Campus, oben auf einem Hügel im Nordosten Triestes.

So marschiere ich also Tag für Tag die Anhöhe hinauf, um zum Schluss noch die unzähligen Treppen zum Hauptgebäude zu erklimmern (und aufgrund der hier immer noch vorzufindenden Schwüle gerne auch mal leicht verschwitzt endlich oben anzukommen).

Dort oben finden sich dann neben dem Haupt- auch weitere Lehrgebäude, die Mensa und das Studentenwohnheim, daneben aber auch zwei "bars", also Lokalitäten, in denen man billig einen außergewöhnlich guten cafè (€0,65) trinken oder ein leckeres panino esssen kann. In einer der bars gibt es aber tatsächlich auch Alkohol zu erwerben.

Auch die Hörsäle selbst sehen ein wenig anders aus. In den neueren sitzt der Dozent auf einer Art Anhöhe, es befinden sich auch schon einmal zwei Hörsäle hintereinander(wobei einer davon dann über den Balkon erreicht wird) und die Säle selbst, auch die etwas größeren- erinnern doch eher an Klassenzimmer. In den älteren hingegen...hm, wie soll ich das beschreiben- fühlt man sich in einem Film zurückversetzt, in dem Schüler vor einem strengen Lehrer sitzen, der Matheformeln an die staubige große Tafel schreibt und in dem man zum Antworten aufstehen muss. Kurz um, ein Dozent hat erzählt, dass sich, seit er in den 60ern hier die Uni besucht hat, überhaupt nichts in diesen Hörsälen verändert hat.

Die italienischen Studenten sind während den Kursen meist viel disziplinierter als wir deutschen. So herrscht Totenstille, wenn der Dozent den Raum betritt und es wird auch kaum geschwätzt. Die Kurse selbst verlaufen in einem Vorlesungs-Stil à la der Dozent redet, die Studenten schreiben mit. Am Ende gibt es für gewöhnlich eine mündliche Prüfung.
Bei dieser Prüfung ist es von Bedeutung, ob man ein frequentatore oder non-frequentatore ist, also ob man die Prüfung als jemand ablegt, der den Kurs besucht oder jemand, der ihn nicht besucht hat. Wie das allerdings klassifiziert wird, ist mir noch ein Rätsel, denn Anwesenheitslisten gibt es keine.

Zudem finden die Kurse hier generell auch gleich dreimal pro Woche statt und sind in drei Module unterteilt, das heißt, in drei Abschnitte. Manche Kurse dauern auch nur zwei Module und finden so nur bis Weihnachten statt oder beginnen erst im November.

Ich belege dieses Semester zwei Politikkurse un meinen Italienischkurs. Das hört sich jetzt vielleicht wenig an, aber somit komme ich auch schon auf 18 Wochenstunden. Und gut, eigentlich sollten es auch mal drei Politikkurse werden, aber nachdem ich im dritten gewählten Kurs den Dozenten und seine abstrakten theoretischen Ausschweifungen darüber, was eine Nation ist, nicht wirklich verstehen kann und im "Ersatzkurs" zur Geschichte über Friaul-Julisch-Venetien (also die Region, in der ich hier lebe) nur über den Städteaufbau zur Römerzeit verschiedener Orte hier in der Gegend diskutiert wird, ich unangenehm aufgefallen bin, weil ich eine Frage zu irgendwelchen Kreuzformen weder verstehen noch beantworten konnte und das einzig interessante an diesem Kurs ein Enrique Iglesias- Kommilitone war, habe ich beschlossen, das zwei Kurse völlig ausreichenden sind.

So belege ich also einen Soziologiekurs über Partizipation, der nach dem italienischen Modus abläuft und mich wirklich interessiert (Aleksandra, eine polnische Erasmus-Studentin wäre allerdings bei ihrem bisher einzigen Besuch beinahe eingeschlafen...) und einen Kurs zur EU.

Dieser läuft jedoch etwas anders ab - sehr zu meiner Freude, da ich ihn mir durch seine für Italien außergewöhnlichen Anforderungen in München anerkennen lassen kann, ohne irgendwelche Zusatzleistungen erbringen zu müssen. So schreiben wir am Ende (also schon vor Weihnachten, es handelt sich um einen Kurs mit zwei Modulen) eine schriftliche Klausur. Zudem zählt die Mitarbeit und wir müssen "Hausaufgaben" erledigen. Der Kurs gefällt mir wirklich gut, auch wenn das mit der Mitarbeit für mich etwas schwierig ist, da es sich schon generell nicht einfach gestalltet, auf Italienisch Beiträge zu leisten, die auch einen gewissen Inhalt vorweisen können, dazu sitzen aber auch noch drei weitere deutsche Studenten mit mir in diesem Kurs, die alle drei deutsch-italienische Studien studieren und nahezu perfektes Italienisch sprechen.


In der Mensa gibt es eine Pizza-, einen Pasta- und einen Grillbereich. Zudem hat sie für alle drei Mahlzeiten geöffnet, man kann also sowohl dort frühstücken also auch Abend essen. Wasser gibt es immer umsonst dazu. Das hört sich jetz erstmal wirklich gut an und so schlecht ist das auch gar nicht, solange man nicht auf die Mensa angewiesen ist und -so wie die Wohnheimstudenten, die keine Küchen besitzen - alle drei Mahlzeiten an sieben Tagen in der Woche dort einnehmen muss. Die Pastagerichte basieren zudem meist auf einer dann verfeinerten Tomatensoße und natürlich gibt es in einem gewissen Abstand auch immer wieder die gleichen Gerichte. Doch um ab und zu ein billiges Mahl ohne großen eigenen Aufwand einzunehemen, bietet sich die Mensa durchaus an.

So ist also meine Uni hier und so steige ich Tag für Tag (außer Montag, da hab ich nämlich nur meinen Sprachkurs) den Hügel hinauf. Und ich muss sagen, es gefällt mir doch ganz gut.

P.S.: Die größte Aktraktion der Uni habe ich ja noch gar nicht vorgestellt. Sie heißt Stefano und findet sich in meinem EU-Kurs wieder. Stefanos Lieblingsbeschäftigung ist es, einen anzustarren. Noch lieber macht er das, wenn er sich direkt neben einen setzt und immer näher rückt, dabei vor und zurück oder auch mal zur Seite wippt und ab und zu komische Geräusche von sich gibt. Aber auch wenn Stefano seinen bevorzugten Platz direkt neben einem nicht ergatten kann (weil da z.B. leider schon eine Tasche sitzt) lässt sich Stefano nicht vom Starren abhalten, denn es starrt sich ja auch vom Platz in einer Reihe vor dem Objekt der Stierbegierde gut. Was Stefano noch besonders gut kann, ist auf uns Erasmus Studenten nach dem Kurs zu warten und uns dann zu umkreisen, wenn wir noch auf dem Gang zusammen stehen.

Gabriele, ein anderer italienischer Student hat mir erzählt, dass er jetzt das 5. Jahr mit Stefano zusammen studiert und schon immer so war. Ganz modern, wie Stefano ist, stalkt er die Mädchen seines Kurses inzwischen auch über facebook.
Aber wer weiß, so ein Stefano ist vielleicht gar nicht so typisch italienisch und lässt sich vermutlich auch an einer deutschen Uni finden.

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